Sprühhalsbänder – gefragt wie nie zuvor!
Unsere Meinung zum Thema.
Unsere Meinung zum Thema.
Dank des ständigen Einsatzes durch „Hundenannys“ im Fernsehen ist die Nachfrage nach Sprühhalsbändern so groß wie nie zuvor. Immer mehr Menschen möchten diese bei uns im Ladengeschäft oder Onlineshop erwerben und sind enttäuscht, wenn wir ablehnen. Aus kaufmännischer Sicht allerdings ein Fehler: Die Gewinnspanne beim Verkauf eines teuren Sprühhalsbandes ist bedeutend höher als bei Unterricht, den wir stattdessen empfehlen.
Warum also ist das so bei uns?
Wir sind der Meinung, dass der Einsatz von Sprühhalsbändern nur in seltenen Fällen Sinn macht. Natürlich ist es meistens problemlos möglich, den Hund durch den Einsatz des Sprühstosses kurzfristig zu beeindrucken und von seinem geplanten Verhalten abzubringen. Meist gelingt dies auch einige Male – und das ist dann das, was im Fernsehen als der tolle Erfolg gezeigt und verkauft wird. Die weiteren und vor allem langfristigen Folgen jedoch bekommt man im TV der schnellen Schnitte nicht zu sehen.
Damit das verständlich wird, ist ein kurzer Ausflug in die Lerntheorie notwendig:
Um einen Hund von einem unerwünschten Verhalten abzuhalten, hat man mehrere Möglichkeiten:
Das hat sicher schon jeder mit einem Problemhund trainiert (meist mit KOMM) und hat leider festgestellt, dass die Zuverlässigkeit angesichts der attraktiven Alternative (Jagen!) doch eher gering ist. Trotzdem funktioniert diese „Methode“ in den meisten Fällen, wenn die berühmte Konsequenz eingehalten wird. Sprich, ausreichend lange und konsequent geübt wird. Gleichzeitig muß natürlich das Problemverhalten unterbunden werden, also bleibt der Hund an der Schleppleine, bis es klappt. Ein langer und bisweilen mühsamer Weg, den viele Hundebesitzer scheuen.
Im Hundetrainerjargon heißt das „objektbezogene Negativkonditionierung“. Was sich so einleuchtend anhört, hat – neben der zum größten Teil tierschutzrelevanten Methodik – viele Fallstricke. Damit es funktionieren soll, muß nämlich gegeben sein, dass der Hund den negativen Reiz auch mit seiner Tätigkeit bzw. dem Objekt seiner Begierde verknüpft. Und das ist bei weitem nicht so einfach, wie man sich das vorher denkt.
Gerade bei stark selbstbelohnenden Verhaltensweisen (das bedeutet, die Tätigkeit an sich macht schon sehr viel Spaß) überdeckt der Sprühstoß häufig nicht den Spaß an der Sache. Will sagen, der Hund läuft trotz Sprühstoß munter weiter. Um Erfolg zu haben, muß der Sprühstoß also direkt zu Beginn der Aktion kommen. Ein Beispiel: Der Hund erblickt einen Jogger und „beschließt“, diesen zu jagen. In diesem Moment wäre der Sprühstoß richtig gesetzt. Die Gefahr liegt hier im Detail: Ihr Hund hebt den Kopf, sie sehen einen Jogger und sprühen. Der Hund hat aber gerade gar nicht den Jogger im Sinn gehabt, sondern fahrradfahrende Kinder von hinten kommen gehört. Was also passiert: Der Hund verknüpft den Fahrradfahrer mit der negativen Einwirkung. Je nach Hundetyp wird er sich nun in Zukunft beim Anblick von Fahrradfahrern (und mit ein wenig „Glück“ generalisiert er auch noch auf Kinder) fürchten. Womöglich agiert er dann auch noch nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ und Sie haben nun zwei, statt keinem Problem.
Die Gefahr von Fehlverknüpfungen ist enorm groß, je größer der Schreck beim Hund, desto besser „sitzt“ die Fehlverknüpfung auch. In der Praxis ist es extrem schwierig, eine gelungene objektbezogene Verknüpfung hinzubekommen.
Bevor wir auch nur an den Einsatz einer Negativmaßnahme denken, muß der Hund Gelegenheit gehabt haben, auf positivem Wege zu lernen, was wir wirklich von ihm wollen. Na, höre ich Sie sagen, das weiß mein Hund doch! Leider stimmt dies häufig nicht. Stellen wir uns den durchschnittlich und leidlich erzogenen Hund vor: Meistens kommt er, wenn er gerufen wird und meistens hört er auch auf Sitz, Platz oder Nein. Außer, wenn grad sein bester Kumpel am anderen Rand der Hundewiese auftaucht. Und auch nicht, wenn die nette Hündin von nebenan zu einer Spielrunde einlädt… Und diese „außer“-Fälle bedeuten, dass der Hund eben nicht weiß, dass er immer kommen soll… und immer Sitz befolgen soll usw. Solange dies der Fall ist, kann man nicht davon ausgehen, dass der Hund wirklich weiß, was von ihm erwartet wird, nämlich Zuverlässigkeit. Es ist in höchstem Grade unfair, in diesem Fall die eigene Bequemlichkeit mit Knopfdruck zu unterstützen.
Neben Fehlverknüpfungen gibt es auch noch ein weiteres Problem: Es gibt viele sensible Hunde, die selbst bei lerntheoretisch korrekter Anwendung den Schreck durch den Sprühstoß nicht verkraften. Ein Beispiel: Unser Border Collie Jordy hat das Sprühhalsband nie selbst getragen, sondern lediglich bei anderen Hunden den Einsatz beobachten können. Nach dem dritten Mal lief er bei Trainingseinheiten, in denen ein anwesender Hund das Halsband trug, nur noch mit gesenktem Kopf und Schwanz unsicher hinter mir her. Nicht auszudenken, was der Einsatz direkt an ihm angerichtet hätte.
Neben diesem Fall gibt es natürlich noch noch den unerschrockenen Hundetyp: Dieser erschreckt sich vielleicht ein, zwei Mal. Ist das Objekt seiner Begierde jedoch sehr attraktiv (z.b. Jagen), steckt er das Sprühen sozusagen „achselzuckend“ ein und reagiert nicht mehr darauf.
In beiden Fällen haben Sie viel Geld für „nichts“ bzw. einen verstörten Hund ausgegeben.
Wir werden also weiterhin im Sinne der Hunde die Geräte nicht frei verkaufen, sondern wie bisher auch von Hund zu Hund individuell entscheiden, ob der Einsatz dem jeweiligen Hund zuzumuten und darüberhinaus natürlich auch sinnvoll ist oder eben nicht.
Ihr Team der Hundeschule Aschaffenburg